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Ausgabe 4 / 2022

Editorial der Ehrenbeisitzerin und Stellvertretenden Geschäftsführerin Renate Blum

Liebe Freunde der Leverkusener Geschichte und Mitglieder des Opladener Geschichtsvereins,

Positiv zur Kenntnis genommen haben wir sicher alle die Lockerungen der Corona-Maßnahmen ab dem 20. März 2022. Erleichterungen habe ich während unserer Studienreise nach Berlin/Potsdam/Schwedt festgestellt. Maske tragen ist für uns schon (fast) selbstverständlich, 3G-Nachweis haben wir griffbereit. Unsere kleine, aber feine Reisegruppe, fuhr aus Kostengründen zusammen mit den Workshopteilnehmern aus Jülich und Leverkusen in ein- und demselben Bus. Wir waren in einem anderen Hotel in Potsdam untergebracht und hatten, bis auf einige Programmpunkte, die wir zusammen mit den Workshopteilnehmern wahrnahmen, unser eigenes Programm mit dem Schwerpunkt „Berlin und die preußische Provinz Brandenburg in der Zwischenkriegszeit“. Ein aktueller, maximal 24 Stunden alter  Test war Anfang März noch für den Besuch im Humboldtforum erforderlich. Diesen mussten wir bei unserem Besuch am 25.03.22 nicht mehr vorlegen. Auf den Ausflug nach Schwedt im Rahmen des Stadträume-Workshops blickt Jörn Wenge in diesem Newsletter zurück. Ein ausführlicher Bericht über unsere Studienreise folgt an anderer Stelle.

Die Pandemie wird uns bestimmt weiter beschäftigen. Wir sind aber zuversichtlich und hoffen, dass wir in den kommenden Monaten unser mit viel Engagement und Freude vorbereitetes Programm für 2022 mit so wenig Einschränkungen wie möglich durchführen können. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen, sich zu unseren Veranstaltungen, Aktionstagen, den Tagesfahrten und den beiden noch ausstehenden Studienfahrten zeitnah anzumelden.

Ihre

Renate Blum
Ehrenbeisitzerin und Stellvertretende Geschäftsführerin
Projektkoordinatorin Programm / Fahrten
 


Von Brüchen und Pipelines. OGV-Mitglieder besuchen im Rahmen des Stadträume-Projekts Schwedt und Potsdam.

von Jörn Wenge

Nach Treffen in Ljubljana sowie Leverkusen und Jülich im vergangenen Jahr stand Ende März die nächste Reise im Rahmen des internationalen Stadträume-Projekts auf dem Programm. Eine Delegation von rund 25 OGV-Mitgliedern reiste für fünf Tage nach Potsdam und in die Leverkusener Partnerstadt Schwedt.

In dem Potsdamer Kongresshotel, wo die Teilnehmer aus Leverkusen, Jülich und den europäischen Partnerstädten untergebracht waren, widmeten sich die insgesamt 82 Teilnehmer der Arbeit an dem geplanten interaktiven Filmbaukasten und diskutierten über die Geschichte der Zwischenkriegszeit. Darüber hinaus erkundeten sie im Rahmen des Begleitprogramms Potsdam.

Die stärksten Eindrücke hinterließ neben dem Besuch des Hauses der Wannsee-Konferenz aber sicherlich der eintägige Ausflug nach Schwedt. Die Leverkusener Partnerstadt an der Oder ist keine gewöhnliche Stadt. Geprägt ist sie zunächst von breit angelegten Straßen, die von mehrstöckigen Wohnblöcken gesäumt werden. Dominiert wird die Stadt von der großen Raffinerie der PCK, einem ehemaligen Kombinat aus DDR-Zeiten. Dort wird Rohöl, das mithilfe einer seit den 1960er Jahren bestehenden Pipeline aus Russland geliefert wird, zu verschiedenen Mineralölprodukten verarbeitet.

Die starke Prägung der Stadt durch dieses Unternehmen aus der Chemieindustrie, das auch der größte Arbeitgeber ist, erinnert sehr an Leverkusen. Die Leverkusener erfuhren auf ihrer Reise aber auch, welche Unterschiede zwischen den Städten bestehen. So ist Schwedt eine Stadt, die auf eine weit ältere Geschichte als Leverkusen zurückschauen kann. Sie war in preußischer Zeit die Residenzstadt der Markgrafen von Brandenburg-Schwedt, einer Nebenlinie der Hohenzollern. Das Schloss der Markgrafen jedoch steht heute nicht mehr. Nach den schweren Kämpfen zwischen Roter Armee und Wehrmacht 1945 war es ausgebrannt und wurde zu DDR-Zeiten abgerissen. An zentraler Stelle stehen heute an seiner statt die Uckermärkischen Bühnen Schwedt, wo die Delegationen des Stadträume-Projekts sehr herzlich von ihren Schwedter Gastgebern empfangen wurden.

Während in Leverkusen trotz der zahlreichen Spin-Offs des Bayer-Konzerns und der Schwierigkeiten durch den Monsanto-Kauf die Chemie- und Pharmaindustrie grundsätzlich weiterhin ein verlässlicher Beschäftigungsgeber in der Stadt ist, erlebte Schwedt nach der Wiedervereinigung 1990 einen erheblichen Strukturbruch. Von den einst fast 10.000 Arbeitsplätzen in der Raffinerie war zwischenzeitlich nur noch etwa ein Achtel in dem nunmehr privatisierten Unternehmen übrig geblieben. Die Zahl ist zuletzt wieder etwas angestiegen, ist von ihrem alten Niveau jedoch freilich weiterhin weit entfernt. Zeitgleich mit diesem wirtschaftlichen Einbruch verringerte sich auch die Einwohnerzahl Schwedts drastisch. Sie sank von rund 50.000 im Jahr 1990 auf derzeit knapp 30.000.

Umso beeindruckender ist vor diesem Hintergrund das bürgerschaftliche Engagement, das Auftritte mehrerer Theatergruppen und einer Jugend-Musikgruppe sowie ein Besuch des von einem Verein restaurierten Parkschlösschens Monplaisir während des Leverkusener Aufenthalts bezeugten. Insbesondere aus Leverkusener Sicht bewundernswert ist auch, dass die Stadt gleich drei Museen unterhält: Ein Stadtmuseum, ein Museum zur jüdischen Geschichte sowie ein Tabakmuseum, denn Schwedt war einst eine Hochburg von Tabakanbau und -verarbeitung.

Gedanklich und in Gesprächen präsent war während des gesamten Workshops der Krieg in der Ukraine. Auch für Schwedt steht derzeit einiges auf dem Spiel. Die PCK-Raffinerie ist ein eindrückliches Beispiel für die starke deutsche Abhängigkeit von russischer Energie. Zu den größten Anteilseignern der Betreibergesellschaft zählt neben Shell der russische Konzern Rosneft. Dieser wollte seinen Anteil jüngst eigentlich weiter ausbauen. Zwar fließt das Öl aus Russland weiterhin durch die Pipeline. Wie lange noch, ist angesichts wechselseitiger Boykottdrohungen zwischen Deutschland und Russland aber ungewiss.

Herzlichen Dank an unsere Gastgeber in Schwedt und die Organisatoren des Workshops! Die Arbeit am Stadträume-Projekt geht weiter – in diesem Jahr im Juli in Villeneuve d‘Ascq und im Oktober in Ratibor.
 


Abschlusskonzert zur Ausstellung „StadtKULTUR in Leverkusen“ in St. Remigius

von Maria Lorenz

Das Konzert des Kammerorchesters Leverkusen zum Abschluss der Ausstellung „StadtKULTUR in Leverkusen“ fand am Sonntag, dem 6. März 2022 unter besonderen Bedingungen statt: Zum einen musste ein neuer Aufführungsort gesucht werden, denn die dafür vorgesehene Bielertkirche leidet immer noch unter den Folgen der Fluten vom Sommer 2021, zum anderen befand sich die Öffentlichkeit wegen des ausgebrochenen Krieges in der Ukraine in einer bedrückten Stimmung.

Das erste Problem wurde durch die Gastfreundschaft der Gemeinde St. Remigius – namentlich des Hausherrn Pfarrer Hans-Peter Teller – gelöst, das zweite Thema wurde vom Kammerorchester selbst großartig und offensiv angegangen. Nach einführenden Worten des Dirigenten Klaus Müller erklang als Solidaritätsbekundung die ukrainische Nationalhymne, etliche Musiker trugen die Landesflagge am Revers angesteckt und ein Großteil der Einnahmen wurde spontan für die Ukraine-Hilfe gespendet.

Das Programm, vom Dirigenten moderiert, bestand aus den folgenden Werken: Andante festivo und zwei Impromptus von Jean Sibelius, der Drottningsholmsmusik Nr.1 von Johann Helmich Roman, einem Violinkonzert in G-dur von Georg Philipp Telemann, sowie dem Stück Adon Olam von Uzi Hitman in der Orchesterfassung von Andrej Alekseev und Klaus Müller. Diese Komposition wurde am Ende des etwa einstündigen Konzertes nochmals als Zugabe gespielt. Ein besonderer Höhepunkt des Nachmittags war das Violin-Solo von Elena Müller, Tochter des Dirigenten, das mit anhaltendem Applaus des zahlreichen Publikums, des Orchesters und – nicht zuletzt – des Vaters bedacht wurde.

Dieser Auftritt des Kammerorchesters hat sich – den Dankesworten des stellvertretenden Vorsitzenden des OGV, Arne Buntenbach, nach – wie eine Klammer um die Ausstellung „StadtKULTUR in Leverkusen“ geschlossen, denn die Eröffnung wurde im vergangenen Jahr ebenfalls vom selben Orchester musikalisch begleitet. Somit wurde eines der Ziele dieser Präsentation, die Vorstellung von weniger bekannten Leverkusener Vereinen und Gruppierungen, die die kulturelle Vielfalt der Stadt ausmachen, erreicht.

Unser großer Dank für das Gelingen der Ausstellung mitsamt Begleitprogramm gilt – außer dem Kammerorchester selbst – folgenden Projektpartnern: den Altstadtfunken Opladen, Bayer/Kultur, dem Jungen Theater Leverkusen, dem Kulturausbesserungswerk, der Kolpingfamilie Opladen, dem Museum Morsbroich, dem Männerchor Germania Opladen, Herrn Kurt Stichnoth, dem Stadtarchiv Leverkusen und der Stadtbibliothek Leverkusen sowie der KulturStadtLev, der Bürgerstiftung, CURRENTA, der VR Bank eG, und der GBO für die maßgebliche Unterstützung und Förderung.
 


Zur Opladener Marktgeschichte oder: Als der Marktplatz am Tag seiner Einweihung unter Wasser stand.

von Philipp Schaefer

Der Marktplatz ist eine vergleichsweise junge Errungenschaft der Stadtentwicklung Opladens. Damit unterscheidet sich Opladen von anderen Städten, in denen der Marktplatz gleichbedeutend mit dem uralten Ortskern ist, um den sich historische Gebäude wie Kirchen oder Rathäuser gruppieren. Wo heute jeden Donnerstag das rege Treiben der Marktbeschicker und ihrer Kunden herrscht, befand sich bis 1957 ein Gartengrundstück, das zum Gelände des Aloysianums bzw. später des Opladener Rathauses gehörte.

Dabei geht die Geschichte der Opladener Marktes bis ins 19. Jahrhundert zurück. Am 24. Juli 1878 wurde zum ersten Mal der noch heute existierende Wochenmarkt durchgeführt. Zunächst handelte es sich dabei um einen sehr kleinen Markt mit nur wenigen Ständen, die sich an den Rändern der Kölner Straße aufstellten. In der Regel beschickten nur selten mehr als zwei Gemüsebauer aus dem Umland den Markt, was zum einen an den schon vorhandenen Märkten in Solingen und Mülheim (ab 1914 Köln-Mülheim) lag, deren Gemüsepreise offenbar niedriger waren. Zum anderen hatte ein Großteil der Einwohner Opladens zu dieser Zeit eigene oder gepachtete Gärten, in denen diese ihr Gemüse selbst zogen. In den 1920er Jahren zog der Markt auf den Goetheplatz und wurde um einen Textilmarkt erweitert. Doch die Resonanz blieb verhalten, was auch daran lag, dass sich in rascher Folge verschiedene Standorte abwechselten: Der Wechsel zwischen den Standorten Goetheplatz, Rathausvorplatz (also der Platz vor dem ehemaligen Aloysianum) und dem etwas abseits gelegenen Aueplatz in der Nähe der Wupper zeigt, dass ein wirklich gut geeigneter Platz für einen Markt in Opladen fehlte.

In den 1950er Jahren wuchs mit dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung und der steigenden Kaufkraft dann auch spürbar das Ausmaß und die Bedeutung des Opladener Wochenmarktes – so sehr, dass der Platz vor dem Rathaus rasch zu klein wurde und die Klagen über das dichte Gedränge und verstopfte Seitenstraßen an Markttagen den Stadtrat zum Handeln drängten. Schnell geriet das sogenannte „Rathaushintergelände“, in den Blickpunkt. Es lag zentral, war von drei Straßen (Kölner Straße, Birkenbergstraße, Herzogstraße) erreichbar und somit für den Marktverkehr gut geeignet. Der Platz wurde eingeebnet und provisorisch mit Kies aufgeschüttet, sodass er am Donnerstag, den 5. September 1957 erstmals als Marktplatz genutzt werden konnte. Der kurzfristig hergerichtete Platz löste zwar die Raumnot, doch die Aufschüttung mit Kies erwies sich an Regentagen als unzureichend. Schon am Einweihungstag bildeten sich große Pfützen, und schnell verwandelte sich der Platz in eine Schlammwüste. Es kam in der Folge zur Verlegung von Drainagen und mehreren Umbauarbeiten, bis der Marktplatz schließlich am 17. August 1961 als vollständig asphaltierter und endgültig „trockener“ Platz erneut eingeweiht wurde.

Seit 1972 ist der Marktplatz zudem Schauplatz der Opladener Kirmes, anfangs noch als „Trödel-Kirmes“, später als „Opladener Kram- und Trödelkirmes“ und seit 2009 unter der Bezeichnung „Opladener Stadtfest“ bekannt. Der „Wurstmaxe“, eine Institution für Imbissfreunde von nah und fern, hat übrigens seit 1981 seinen festen Standort an der Südseite des Marktplatzes.

Der Marktplatz ist eine von 13 Stationen des virtuellen Rundwegs „Opladener Stadtzentrum im Wandel der Zeit“, der auf der Online-Plattform izi.travel begangen werden kann. Zahlreiche Texte und Archivbilder nehmen Sie mit auf eine Zeitreise zu markanten noch heute existierenden und in der Vergangenheit abgerissenen Zeitzeugen der Geschichte Opladens im 19. und 20. Jahrhundert. Entdecken Sie diese und andere Stationen auf der Webseite:

izi.travel/de/0f50-opladener-stadtzentrum-im-wandel-der-zeit/de


 

ANKÜNDIGUNG: Der Freudenthaler Sensenhammer - Von einer frühindustriellen Fabrik zum Museum und Kulturort

Vortrag mit Besichtigung, Referent: Jürgen Bandsom

Der Freudenthaler Sensenhammer ist eine Schmiede, in der Sensen und Sicheln industriell hergestellt wurden. Als Warenzeichen wurde ein stilisiertes Herz verwendet. Die „Herz-Sensen“ standen für sehr hochwertige Produkte. Schon 1778 wurde ein erstes Hammerwerk im Freudenthal bei Schlebusch erwähnt. Ab 1837 übernahm die Familie Kuhlmann den Standort und stellte dort in frühindustrieller Fertigung Sensen und Sicheln her. Dabei wurde die Wasserkraft der Dhünn erst durch Wasserräder und später mittels Turbinen genutzt. 1914 wurden von ca. 70 Arbeitern um die 200.000 Sensen hergestellt und in ganz Europa vertrieben.

Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft wurden weniger Sensen benötigt und der Betrieb musste 1987, nach 150 Jahren „H. P. Kuhlmann Söhne“ stillgelegt werden. Ein Förderverein konnte das denkmalgeschützte Ensemble mit den funktionierenden Maschinen und Anlagen übernehmen und seit 2005 als „lebendiges“ Museum der Öffentlichkeit präsentieren. Dabei gibt eine Dauerausstellung Einblicke in die kulturhistorische Geschichte der Sensen und die Produktion vor Ort. Es finden zudem regelmäßige Schmiedevorführungen an den historischen Maschinen statt. Außerdem ist der „Sensenhammer“ heute ein Ort, an dem Konzerte, Theatervorführungen, Ausstellungen und pädagogische Programme stattfinden.

Die Führung möchte neben der Geschichte der Fabrik und der frühindustriellen Technik der Sensenherstellung auch den Weg des Museums zwischen Erhaltung, Kultur, Bildung und Denkmalpflege thematisieren.

Herzliche Einladung! Die geplante Live-Übertragung kann aus organisatorischen Gründen leider nicht angeboten werden. Also: Kommen Sie vorbei und seien Sie vor Ort dabei! Um Anmeldung wird gebeten unter ogv-leverkusen.de/programm/veranstaltungsanmeldung

Mittwoch, 6. April 2022, 18:30 Uhr
Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer, Freudenthal 64, 51375 Leverkusen

 


T E R M I N H I N W E I S E


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Herausgeber:
Opladener Geschichtsverein von 1979 e.V. Leverkusen
Villa Römer – Haus der Stadtgeschichte, Haus-Vorster Str. 6, 51379 Leverkusen (Opladen)
www.ogv-leverkusen.de

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