Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde des Opladener Geschichtsvereins,
der Vorstand des OGV sprach mich vor längerer Zeit an, ob ich mir eine Kooperation mit der Volkshochschule vorstellen könne. Kooperation ist immer wünschenswert, die Volkshochschule pflegt sie mit vielen Vereinen und Initiativen, doch zunächst stellte sich mir die Frage: Wer interessiert sich schon für Geschichte, konkret für Regionalgeschichte, und was hat das mit Erwachsenenbildung zu tun? Bertolt Brecht behauptete: „Wer die Geschichte nicht kennt, muss sie wiederholen“. Ein kritischer Erinnerungsappell an seine Zeitgenossen in der dunkelsten Phase deutscher Geschichte, den man auch heute wieder anbringen kann. Dass politisches Handeln – und politische Bildung – Geschichte nicht aus dem Blick verlieren darf, lässt sich daraus leicht ableiten.
Ein großes Problem politischer Erwachsenenbildung ist ein Problem der Politik selbst: das allgemeine Desinteresse an ihr. Ohnmachtsgefühle gegenüber hochkomplexen gesellschaftlichen Prozessen und undurchschaubaren Apparaten fördern Politikmüdigkeit und Desinteresse an gesellschaftlichen Problemen. An fehlenden Informationen liegt es nicht, im Gegenteil, in den Massenmedien und den Sozial-Media-Kanälen werden die Bürger mit Informationsangeboten überhäuft. Auswahl und Reduktion sind das Problem. Der Wunsch, für komplexe Probleme einfache Lösungen zu bekommen, wird bei vielen Menschen stärker, doch genau das kann ernst zu nehmende Politik und soll Politische Bildung nicht liefern.
Politische Erwachsenenbildung muss sich diesen Problemen stellen. Die großen Themen sind durch die Massenmedien besetzt. Will man Interesse wecken, ist es naheliegend, Themen zu finden, die Menschen in der Kommune konkret beschäftigen. Ein guter Indikator dafür sind Initiativen und Vereine vor Ort. Passen sie in das Bildungsprofil der Volkshochschule, bietet sich eine Zusammenarbeit an. Wenn man nur noch Ja sagen muss, weil ein Verein wie der OGV auf einen zukommt, ist das natürlich prima.
„Dig where you stand“ – Stadt- und Regionalgeschichte ist konkret und nachvollziehbar. Mitbürger haben die Geschichte der Region und Stadt mitgeschrieben. Als Zeitgenossen und Fachleute können sie darüber berichten, direkter geht es nicht. Die Fokussierung auf einen regionalen Realitätsausschnitt, die nichts zu tun hat mit Simplifizierung, ermöglicht es, auch größere Zusammenhänge eher aus der Betroffenenperspektive aufzeigen. Die Motivation, sich damit auseinanderzusetzen, ist deshalb sicher höher als bei allgemeinen Themen. Dass es nicht bei der Reflexion der Vergangenheit bleibt, sondern kommunale Probleme der Gegenwart und zukünftige Problemlagen in den Blick geraten, zeigten die regen Diskussionen bei den bisherigen Veranstaltungen. Damit dies gelingen kann, braucht es Fachleute, die, wie die Mitglieder des OGV, ein Gespür für die richtigen Themen und Formate haben. Die gute Publikumsresonanz zeigt: Diese Kooperation ist erfolgreich. Deshalb freue ich mich – auch für die Besucher der VHS – auf die weitere gute Zusammenarbeit und spannende Geschichte aus der Region.
Ihr
Gerd Struwe