Die frühen 1920er-Jahre bedeutenden für den rheinischen Raum eine Zeit großer Herausforderungen. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden weite Teile des Rheinlands unter Besatzung der Siegermächte Großbritannien, Frankreich und Belgien gestellt. 1923 eskalierte die Situation, als es zu einem separatistischen Aufstand kam. Gleichzeitig besetzten französische Truppen das Ruhrgebiet als Zwangsmaßnahme gegen das Deutsche Reich, das sich angesichts einer galoppierenden Inflation nicht mehr in der Lage sah, die auferlegten Reparationszahlungen zu bedienen. In der Folge kam es zu einem Generalstreik, den die Besatzungstruppen mit Waffengewalt verhindern wollten. Nur durch das besonnene Eingreifen der weiteren Siegermächte konnte die Gesamtsituation entschärft werden. Es mutet wie ein Wunder an, dass sich die Wirtschaft im Westen bald wieder erholte. Auch das Besatzungsregiment wurde konzilianter. So komplex und krisenhaft die Situation 1923 gewesen war, beging man schon zwei Jahre später im Rheinland mit großem Aufwand die sogenannte Jahrtausendfeier. Anlass war die vermeintlich 1000jährige Zugehörigkeit des Rheinlands zum mittelalterlichen (Kaiser-)Reich. Rheinlandweit fanden Veranstaltungen statt, die dieses Jubiläum als Moment nationaler Selbstvergewisserung nutzten. Aus der Betrachtung der lokalen Geschichte der Zeit in Jülich und im Raum Leverkusen ergibt sich ein facettenreiches Gesamtbild, das eine Bevölkerung zeigt, die hin und her gerissen war zwischen den spürbaren Nachwirkungen des verlorenen Ersten Weltkrieges mit den entsprechenden materiellen wie immateriellen Verlusterfahrungen sowie den sich ergebenden Möglichkeitsräumen einer sich teilweise rasant erneuernden Gesellschaft in der Demokratie der Weimarer Republik.
Die Doppelausstellung in Jülich und Leverkusen konzentriert sich auf die frühen 1920er-Jahre im Westen der Weimarer Republik. Dabei werden zwei StadtRäume in den Blick genommen, die durch den unterschiedlichen Grad der Industrialisierung einerseits sehr verschieden waren, sich andererseits aber mit Besatzung und Hyperinflation vor ähnliche Herausforderungen gestellt sahen.
Die Präsentation wird eng verknüpft sein mit dem im Rahmen des StadtRäume-Projektes entwickelten digitalen Filmbaukasten und den dortigen Themenfeldern Politik, Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft, die unter den Aspekten von Internationalisierung und Modernisierung betrachtet werden. Zudem werden die in der Ausstellung behandelten Themen über Info-Punkte in den jeweiligen Stadtraum zurückgespiegelt. Dadurch ergibt sich eine interessante Wechselwirkung zwischen Stadt, Ausstellung und virtuellem Raum, die außerdem durch ein umfangreiches Begleitprogramm miteinander in Beziehung gesetzt werden.
Die Doppelausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Sabine Verheyen, Mitglied des Europäischen Parlaments und Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Bildung.
Die Doppelausstellung wird in Jülich und in Leverkusen von einem umfangreichen Begleitprogramm flankiert, das Vorträge, Führungen, Exkursionen u.v.m. umfassen wird. Am 4.11.2023 und am 24.2.2024 besteht jeweils die Möglichkeit im Rahmen einer Tagesfahrt beide Ausstellungsstandorte mit einem abschließenden Konzert zu besuchen.
Das Begleitprogramm findet in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Jülicher Land und der Volkshochschule Leverkusen statt.
Eröffnung der Ausstellung: Samstag, 9.09.23, 11 Uhr, Villa Römer - Haus der Stadtgeschichte, Haus-Vorster-Straße 6, 51379 Leverkusen.
In Jülich ist der zweite Teil der Ausstellung zu sehen: 9.9.2023–Frühjahr 2025, Museum Zitadelle Jülich
Ausstellungseröffnung in Jülich: Freitag, 8. September 2023, 19.00 Uhr
Öffnungszeiten:
samstags 15 - 18 Uhr
sonn- und feiertags 11 - 16 Uhr
Abweichende Besuchszeiten und Führungen nach Vereinbarung.
Eintrittspreis: 4 €
Führungen:
nach telefonischer Anmeldung unter 02171-47843