90 Jahre Leverkusen – Festveranstaltung des OGV wurde live übertragen
Der 90. Geburtstag der Stadt Leverkusen fällt in ein Jahr, in dem Vielen nicht zum Feiern zumute sein dürfte – und selbst wenn doch, wäre eine Feier in Form einer Großveranstaltung der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Auch die Festveranstaltung zum runden Stadtjubiläum, zu der der OGV am 29. Oktober 2020 die Ratsmitglieder der Stadt Leverkusen in die Stadthalle in Bergisch Neukirchen eingeladen hatte, fiel beinahe dem tags zuvor ausgerufenen „Lockdown light“ zum Opfer. Dabei sollte eine Feierstunde zum Stadtgeburtstag doch eigentlich schon im April stattfinden – immerhin war der 1. April 1930 das Stichdatum, an dem sich die Stadt Wiesdorf mit den Gemeinden Schlebusch, Rheindorf und Steinbüchel zusammenschloss. Was also tun? Sollte der Festakt erneut verschoben werden, ins Jahr 2021, ein Jahr ohne rundes Stadtjubiläum, in dem noch dazu ein „Stau“ an aus dem Jahr 2020 nachzuholenden Veranstaltungen aller Art zu erwarten ist? Der OGV entschied sich dafür, die Veranstaltung durchzuführen und als Novum live auf dem Facebook-Kanal des Vereins zu übertragen. Und so begrüßte Michael Gutbier nicht nur die vor Kurzem gewählten StadtvertreterInnen, die der Einladung gefolgt waren und sich penibel, an Einzeltischen sitzend, an die AHA-Formel hielten, sondern auch die interessierte Öffentlichkeit an den Bildschirmen. Dabei erinnerte der Erste Vorsitzende des OGV daran, dass die Stadtgründung 1930 ebenfalls unter schwierigen Rahmenbedingungen angesichts der Weltwirtschaftskrise erfolgte. Zu einer öffentlichen Gründungsfeier dieser Stadt kam es jedenfalls nie – Zeitgenossen beschrieben den Zusammenschluss als eine „Vernunftehe“. Bürgermeister Bernhard Marewski lobte in seinem Grußwort die Initiative des OGV, eine Festveranstaltung zu 90 Jahren Leverkusen durchzuführen, und stellte die rhetorische Frage: „Was hätte unsere Stadt Leverkusen zum 90-jährigen Jubiläum gemacht, wenn es den Geschichtsverein nicht gäbe?“
Dass der Abend aber nicht nur dazu dienen sollte, auf die Geschichte Leverkusens zurückzublicken, sondern auch einen Ausblick auf die Zukunft der stadtgeschichtlichen Arbeit in dieser Stadt entwerfen sollte, war dem OGV besonders wichtig. Michael Gutbier betonte die Notwendigkeit, mit den Anwesenden VertreterInnen der kommunalen Politik über das Thema Stadtgeschichte ins Gespräch zu kommen und die Verortung und den Stellenwert von stadthistorischer Arbeit neu zu diskutieren. Immerhin werfen große Ereignisse ihre Schatten voraus: In fünf Jahren sind Opladen, Bergisch Neukirchen, Quettingen, Lützenkirchen und Hitdorf 50 Jahre Stadtteile Leverkusens. Und von dort ist es nicht mehr weit zum großen 100-jährigen Stadtjubiläum. Unter dem Titel „Leverkusen –Kulturelle Identität einer Industriestadt“ betonte Prof. Dr. Wolfgang Hasberg, Historiker an der Universität zu Köln und Vorsitzender der wissenschaftlichen Kommission des OGV, in seinem Festvortrag die Vielschichtigkeit der aus einzelnen Orten zusammengewachsenen Stadt. Dem historischen Bewusstsein der LeverkusenerInnen, das geprägt ist von unterschiedlichen Mentalitäten und Perspektiven, möchte der OGV unter dem Label „Stadtgeschichte mit Zukunft“ auf die Spur kommen – und dabei auch Themen, Ereignisse und Wahrnehmungen herausfiltern, die bislang nicht Eingang in die einschlägigen Bücher zur Stadtgeschichte gefunden haben.
Weitere Programmpunkte der Festveranstaltung waren die Auszeichnung der Gewinner des Fotowettbewerbs zum Thema „DenkMal. 90 Jahre Leverkusen“, zu dem der OGV während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr aufgerufen hatte, sowie die Verleihung des Liedtke-Wichmann-Preises für herausragendes Engagement für die stadtgeschichtliche Arbeit. Neben dem Koloniemuseum in Wiesdorf wurde posthum das langjährige OGV-Mitglied Dr. Wolfgang Schartau ausgezeichnet. Großen Anklang fand auch das Leverkusener Klezmer-Ensemble crazy freilach, das für einen stimmungsvollen musikalischen Rahmen sorgte.
Für den OGV war der Festakt zu 90 Jahren Leverkusen Auftakt zu einem intensiven Wochenende, an dem das europäische Projekt „StadtRäume – UrbanSpaces“, das die Geschichte der sogenannten „Zwischenkriegszeit“ (1918-1939) in vergleichender Perspektive aufarbeiten soll, mit einem ebenfalls Corona-konform durchgeführten Workshop startete. Bereits beim Festakt stellten sich VertreterInnen der Projektpartner vor und sendeten Grußadressen, darunter auch Maggie Stock von der Bracknell Forest Society, die trotz der Umstände die Reise von England nach Leverkusen angetreten hatte. Die weiteren am Projekt beteiligten Partnervereine und -Institutionen kommen aus Jülich, Schwedt/Oder, Ljubljana, Oulu, Racibórz und Villeneuve d’Ascq.