Nach dem Lockdown: „crazy freilach“ spielen live. Konzert in der Evangelischen Kirche Quettingen ist Teil von „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“
Viele Monate waren in der Pandemie nur virtuelle Veranstaltungen möglich. An Konzerte war kaum zu denken. Umso mehr freut sich der Opladener Geschichtsverein von 1979 Leverkusen e.V. (OGV), dass aller Voraussicht nach die Leverkusener Musikgruppe „crazy freilach“ am 20. Juni ab 18.30 Uhr in der Evangelischen Kirche Quettingen auch vor Publikum wird spielen können. Zusätzlich wird das Konzert via Zoom übertragen. „‘crazy freilach‘ hat schon im vergangenen Jahr unsere Festveranstaltung zu 90 Jahren Leverkusen bereichert“, sagt Michael D. Gutbier, 1. Vorsitzender des OGV. „Nach vielen Monaten des Lockdowns ist die Vorfreude auf ihre mitreißenden Interpretationen der traditionellen ‚Klezmer‘-Musik besonders groß.“
Das Konzert ist Teil des Programms im Jubiläumsjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“. In einem Kurzinterview mit Bassist Daniel Hessel erfahren Interessenten mehr über Band und die Musik von „crazy freilach“. Eine Anmeldung für das Konzert ist hier erforderlich. Wie viele Zuschauer vor Ort zuschauen können, ist von der Entwicklung der Corona-Zahlen abhängig.
Daniel Hessel von „crazy freilach“ im Interview mit OGV-Pressesprecher Jörn Wenge:
Ihr spielt mit Eurer Band "crazy freilach" sogenannte Klezmermusik. Das ist - folgt man Wikpedia - "eine aus dem aschkenasischen Judentum stammende Volksmusiktradition". Wie kommt man als junge Leverkusener Band auf die Idee, diese Musik zu spielen?
Die Klezmermusik begleitet uns mittlerweile seit knapp 20 Jahren. Angefangen haben wir alle an der Musikschule in Leverkusen, wo wir zunächst Einzelunterricht bekommen haben und uns dann später in Orchestern und Ensembles zusammengefunden haben. Und eines dieser Ensembles war ein Klezmerensemble, in dem wir jeweils unsere ersten Berührungspunkte mit dieser Musik hatten. Durch die Faszination für diese Musik haben wir stetig die Lieder und Interpretationen weiterentwickelt und sind heute, jenseits von der Musikschule, eigenständig unterwegs.
Was zeichnet diese Musik aus? Und wie interpretiert Ihr diese?
Die Musik ist unglaublich facettenreich und bildet das gesamte Spektrum des jüdischen Lebens und der Geschichte ab. Von den dunkelsten Stunden des Holocausts über spirituelle Lieder während der Feiertage bis hin zur höchsten Freude und Ekstase. Die Klezmermusik hat eine lange Tradition, wirkt aber dadurch in ihrer Urform ein wenig „eingestaubt“, weshalb wir nach neuen Interpretationen gesucht haben. So verbinden wir die Stücke mit Rhythmen aus dem Orient, lockeren Beats und Grooves und Elementen aus dem Jazz. Dies spiegelt auch die Lebenssituation der Juden wider, die im 20. Jahrhundert vertrieben worden sind.
Woher stammen die Stücke, die Ihr spielt?
Teilweise sind dies uralte, traditionelle Stücke, die von Generation zu Generation mündlich weitergegeben worden sind, teilweise sind dies Stücke aus den Synagogen und teilweise Neukompositionen im jazzigen Stil. Geografisch und zeitlich gesehen sind die Stücke also sehr vielfältig.
Was erwartet die Zuschauer, die bei Eurem Konzert in der Kirche oder via Zoom dabei sind?
Die Zuschauer werden beim Konzert das Facettenreichtum dieser wundervollen Musik hören, voller Leben und Lebendigkeit, Witz und Finesse, aber auch die nachdenklichen Seiten, Trauer, Stille, Fassungslosigkeit. Und dies nicht nur in den Liedern, sondern auch in den Erzählungen, vorgetragen von Christiane Willms. Die Texte und Lieder spiegeln das gesamte jüdische Leben wider – und genau dieses wollen wir lebendig und präsent halten, um die Geschichte nicht vergessen zu lassen.