Rückblick: Die Gebietsreformen von 1930 und 1975 im Vergleich
Das Thema „Kommunale Neugliederung“ war nicht nur beim Bürgerdialog im Funkenturm präsent, sondern auch bei einem Vortrag, zu dem der OGV am 15. August eingeladen hatte. Im Anschluss an die Jahreshauptversammlung des Vereins referierten der 1. Vorsitzende des OGV Michael Gutbier und sein Stellvertreter Philipp Schaefer über „Die Gebietsreformen im Raum Leverkusen von 1930 bis 1975“ im Vergleich.
Der erste Teil des Vortrags behandelte die Gründung der Stadt Leverkusen im Jahr 1930. Dabei handelte es sich um einen Zusammenschluss der damaligen Stadt Wiesdorf mit den drei Landgemeinden Schlebusch, Rheindorf und Steinbüchel. Die Initiative ging damals von der Stadt Wiesdorf aus, die im Zuge stetigen Wachstums aufgrund der Ansiedlung Bayers an den Rhein in den 1920er Jahren einen Mangel an Bauland für den Wohnungsbau, Schulen, Krankenhäuser etc. hatte. Philipp Schaefer, der den ersten Teil des Vortrags präsentierte, setzte seinen Schwerpunkt auf die Eingemeindungsverhandlungen zwischen Wiesdorf und Schlebusch. Bemerkenswert ist, dass die Schlebuscher die Verhandlungen 1928 ohne Ergebnis abbrachen und Eingemeindungsverhandlungen mit Köln aufnahmen. Hintergrund war ein Szenario, wonach eine Expansion der Stadt Köln zu erwarten war und Wiesdorf möglicherweise sehr bald von Köln eingemeindet werden könnte. Das veranlasste die Schlebuscher, als eigenständige Gemeinde Verhandlungen mit Köln zu führen, solange es noch möglich war. Es existiert sogar ein unterzeichneter Eingemeindungsvertrag zwischen der Stadt Köln und der Gemeinde Schlebusch, der aber nicht zur Anwendung kam, weil der Kreisausschuss Einspruch erhob. Die große Mehrheit der Bevölkerung in Schlebusch wollte ohnehin nicht, dass Schlebusch zum äußersten Ende von Köln wurde, und befürwortete den Zusammenschluss mit Wiesdorf, zu dem es 1930 schließlich kam.
Philipp Schaefer blickte im weiteren Verlauf des Vortrags auch nach Lützenkirchen, eine Gemeinde, die sich ähnlich wie Schlebusch angesichts der wirtschaftlichen Lage in den 1920er Jahren mit der Frage nach der zukünftigen kommunalen Zugehörigkeit auseinandersetzen musste. Auch hier waren eine Eingemeindung nach Köln oder ebenfalls nach Wiesdorf mögliche Optionen, letztlich gaben aber die Nähe zum Eisenbahn-Ausbesserungswerk und die vorhandenen Verkehrsverbindungen (Kleinbahn) den Ausschlag für ein Zusammengehen mit der Kreisstadt Opladen. Die Gebietsreform von 1930 hinterließ somit ein vergrößertes Opladen, das mit Lützenkirchen auch den Ortsteil Quettingen eingemeindete.
Die Vergrößerung Opladens im Jahr 1930 diente als Überleitung für den zweiten Teil des Vortrags, in dem Michael Gutbier den weiteren Weg Opladens und des Rhein-Wupper-Kreises bis zur Gebietsreform von 1975 nachzeichnete. In seinem Vortrag wurde deutlich, dass der Rhein-Wupper-Kreis, anfangs „Kreis Solingen-Lennep“ genannt, selbst erst 1929 aus der Taufe gehoben wurde, und zwar aus den Resten der Kreise Solingen und Lennep. Fortan zog sich ein langes Band von Radevormwald bis Monheim am Rhein, dem keine lange Lebensdauer beschieden war. Das Bestreben nach effizienterer Verwaltung und Verschlankung der kommunalen Strukturen führte Anfang der 1970er Jahre zu erneuten Gebietsreformen in Nordrhein-Westfalen. Dabei konnte Opladen nicht den Erhalt des Status als Kreisstadt des Rhein-Wupper-Kreises durchsetzen und musste sich der Entscheidung der Landesregierung beugen, die im Rahmen des Köln-Gesetzes eine Eingemeindung nach Leverkusen vorsah.
Der Vortrag war als „Kick-Off“ für eine weitere wissenschaftliche Erforschung des Themas „Kommunale Neugliederung“ gedacht. Immerhin begehen wir zum 1. Januar 1975 das 50-jährige Bestehen Leverkusens in seiner heutigen Form. Offene Fragen, zu denen offenbar bisher noch nicht eingehend recherchiert wurde, stellen sich zahlreich, was auch die rege Diskussion nach dem Vortrag offenlegte. So könnte man fragen, wie genau die Einflussnahme der Wirtschaft, namentlich Bayers, für den Erhalt der Eigenständigkeit Leverkusens aussah und wie sich diese auf den Entscheidungsprozess ausgewirkt hatte. Anregungen für eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema bot der Vortrag im Agam-Saal des Leverkusener Forums jedenfalls genug.