Rückblick: Eine Spurensuche rund um den CHEMPARK
In der kleinen, aber feinen Veranstaltungsreihe „Standortentwicklung und Denkmalpflege“ lud der OGV am 5. Juni 2021 zu einem virtuellen Rundgang zur Geschichte des Bayerwerks, heute Teil des CHEMPARK Leverkusen, ein. Es war die zweite Veranstaltung dieser Art nach dem Rundgang zur ehemaligen Schraubenfabrik Tillmanns in Neucronenberg, die per Liveübertragung bequem von zu Hause aus verfolgt werden konnte.
Ein ganz besonderer Dank gilt unserem Referenten Dr. Alexander Kierdorf. Der Architekturhistoriker, der ein profilierter Kenner der Industriekultur im Rheinland ist, war kurzfristig eingesprungen und teilte sein Wissen mit dem Online-Publikum sowie einer Handvoll vor Ort Anwesenden. Trotz dunkler Wolken am Himmel wurden der Referent sowie das Technik-Team des OGV um Jörn Wenge glücklicherweise vom angesagten Gewitter verschont.
Somit konnte Dr. Kierdorf trockenen Fußes an insgesamt vier Stationen die Geschichte des Industriestandortes in Leverkusen-Wiesdorf näherbringen, wobei es ihm in seinem 90-minütigen Vortrag gelang, auch den Zuschauern mit Vorkenntnissen über die Geschichte des Werks neue Aspekte und Details zu vermitteln. Der Kunsthistoriker ging an der ersten Station vor dem ehemaligen Bayer-Hauptverwaltungsgebäude Q26 sehr genau auf die Architektur des 1903 errichteten Baus und auf die Symbolik der von Job Hammerschmidt gestalteten Reliefs im Dachgiebel ein. Heute steht die alte Bayer-Zentrale direkt gegenüber vom gläsernen, von Friedrich Jahn geplanten und 2002 fertiggestellten Neubau.
Die zweite Station des Rundgangs befasste sich ganz mit der Person des langjährigen Generaldirektors der Farbenfabriken Carl Duisberg und mit seinem Wirken für das Leverkusener Werk. Er kann zurecht als dessen eigentlicher „Schöpfer“ angesehen werden, da er ab 1895 federführend den Umzug Bayers aus dem engen Tal der Wupper an den Rhein mitgestaltete und genauestens die Anordnung der einzelnen Abteilungen und Produktionsstätten auf dem angekauften Gelände plante. Im später nach ihm benannten Park hinter dem Kasino befindet sich die letzte Ruhestätte Carl Duisbergs (1861-1935) und seiner Frau Johanna, für die eine Ausnahmegenehmigung des Regierungspräsidenten erforderlich war. Dr. Kierdorf erläuterte die künstlerischen Besonderheiten der Anlage mit dem Floratempel im Zentrum, unter dem sich die Grablege befindet.
Vom Duisberg-Grab ging es über die B8 zu einem Haus in der Beamtenkolonie in der Carl-Rumpff-Straße. Vor dem Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Gebäude, das stellvertretend für verschiedene Häuser für die Angestellten des Werks stand, erläuterte Kierdorf die Anstrengungen der Firma Bayer, Arbeiter und höhere Angestellte (sogenannte „Beamte“) mittels dieser Häuser mit eigenen Gärten nach Leverkusen zu locken. Die verschiedenen Formen der Mitarbeiterwohnungen, die stark in Größe und Nähe zum Werk variierten – je nach der Position in der Hierarchie des jeweiligen Mitarbeiters – kamen ebenso zur Sprache wie die Frage nach Denkmalwert und heutigen Eigentumsverhältnissen.
An der vierten Station, dem Pförtner I, in dem sich früher auch die Werksfeuerwehr befand, referierte Kierdorf über den Alltag der Arbeiter vor über 100 Jahren, die von hier ins Werk strömten, aber auch über die gegenwärtigen Entwicklungen im CHEMPARK Leverkusen, in dem längst nicht mehr nur Bayer zu Hause ist, sondern mittlerweile an die 50 unterschiedliche Firmen.
Zwischen den einzelnen inhaltlichen Blöcken an den vier Stationen wurden historische und aktuelle Fotos von Gebäuden des Werksgeländes gezeigt; darüber hinaus aber auch Fotos von Gebäuden, die die Wechselwirkung von Unternehmens- und Stadtentwicklung in Leverkusen demonstrieren, wie etwa das Bayer-Kaufhaus, das Erholungshaus, die evangelische Kirche und das alte Rathaus.
Der Rundgang kann weiterhin unter folgendem Link angesehen werden: https://www.facebook.com/OGV.Lev/videos/537018121040621.