Rückblick: Werkstattberichte "Politik und Wirtschaft in Leverkusen zwischen den Kriegen"

Nach langer pandemiebedingter Pause fand am Mittwoch, den 8. November, wieder ein Vortragsabend in der Villa Römer statt. Im gut gefüllten Kaminzimmer lud der OGV zur ersten Begleitveranstaltung der aktuellen Ausstellung "Leverkusen - StadtRäume zwischen den Kriegen" ein. Auf dem Programm standen fünf Impulsvorträge - Mitglieder der Arbeitsgruppe, die die Ausstellung geplant und mit Inhalten gefüllt hatten, stellten ihre jeweiligen Schwerpunktthemen als "Werkstattberichte" vor.

Nach langer pandemiebedingter Pause fand am Mittwoch, den 8. November, wieder ein Vortragsabend in der Villa Römer statt. Im gut gefüllten Kaminzimmer lud der OGV zur ersten Begleitveranstaltung der aktuellen Ausstellung "Leverkusen - StadtRäume zwischen den Kriegen" ein. Auf dem Programm standen fünf Impulsvorträge - Mitglieder der Arbeitsgruppe, die die Ausstellung geplant und mit Inhalten gefüllt hatten, stellten ihre jeweiligen Schwerpunktthemen als "Werkstattberichte" vor.

Moderator Jörn Wenge M. A., Beisitzer und Pressesprecher des OGV, führte durch einen abwechslungsreichen Abend. Philipp Schaefer M. A., stv. Vorsitzender des OGV, begann mit einem Referat über die Gründung der Stadt Leverkusen im Jahr 1930, als sich die Stadt Wiesdorf mit den Gemeinden Rheindorf, Schlebusch und Steinbüchel zusammenschloss. Dies war Ergebnis eines längeren Prozesses, der auf die Initiative des Wiesdorfer Bürgermeisters Dr. Heinrich Claes zurückgeht. 1928 brach Schlebusch die Eingemeindungsverhandlungen mit Wiesdorf ab und handelte einen Vertrag mit Köln aus, der aber von dem Kreisausschuss nicht genehmigt wurde. Schaefer ging besonders auf die Hintergründe dieses Alleingangs des Schlebuscher Gemeinderats ein, der dem Mehrheitswillen der Bevölkerung widersprach.

Dr. Alexander Kierdorf, Vorsitzender des Vereins Rheinische Industriekultur e. V., stellte anhand von Kartenmaterial den Naturraum des Mündungsgebietes von Wupper und Dhünn in den Rhein dar. Südlich davon, in der sogenannten Dhünnaue, entstand in den 1920er Jahren als gemeinsames Projekt der Stadt Wiesdorf und den Farbenfabriken Bayer eine Altlastdeponie. Damit lösten Kommune wie Unternehmen nicht nur das Problem der Entsorgung von Müll und chemischen Abfallprodukten, sondern es gelang durch die dadurch nötige Aufschüttung von Land, das Risiko von Hochwasser in Wiesdorf zu minimieren. Die Themen Umweltschutz und die Erhaltung von Artenvielfalt im nunmehr ehemaligen Auengebiet hatten damals  - anders als heute - kaum Bedeutung.

Der Leiter des Leverkusener Stadtarchivs, Dr. Julius Leonhard, beschäftigte sich in seinem Beitrag mit der Verfassungsfeier, die der Kreis Solingen-Lennep am 11. August 1929 auf dem Gebiet des heutigen Leverkusens ausrichtete. Mit diesem Festtag sollte die demokratische Verfassung der Weimarer Republik gewürdigt und das Bewusstsein für die Republik besonders bei jüngeren Menschen gestärkt werden. Begangen wurde der Tag mit einem Auto- und Motorradkorso, mit Sportwettkämpfen im Manforter Stadion, sowie mit einer festlichen Abendveranstaltung, bei der die Resonanz aber eher verhalten war. Niemand konnte ahnen, dass keine vier Jahre später eine verbrecherische Diktatur die Demokratie in Deutschland beseitigt haben würde.

Jörn Wenge M.A. führte in ein Thema ein, dass auch aktuell an verschiedensten Orten lokalpolitisch diskutiert wird: Die Benennung von Straßennamen, ein Feld, das viel über die Verhältnisse der jeweiligen Zeit aussagt, und somit auch viel über die Leverkusener Stadtgeschichte verrät. Eine Besonderheit in Wiesdorf stellte die enge Verbundenheit zu Bayer dar, sodass zahlreiche Straßen nach Führungskräften des Unternehmens benannt wurden. Nach der Ermordung Rathenaus reagierte die Stadt Wiesdorf umgehend mit der Benennung einer Hauptstraße zu Ehren des liberalen Politikers der Weimarer Republik. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde radikal von Straßenumbenennungen Gebrauch gemacht. Sie benannten Straßen nach vermeintlichen "Märtyrern" der NS-Bewegung, und wie jede Stadt benannten auch Leverkusen und Opladen eine Straße nach Hitler. Interessant sind die noch heute bestehenden Benennungen von Straßen nach Städten im Elsass und in Lothringen in Schlebusch (von der Straßburger Straße abweigend). Diese erfolgten in der NS-Zeit aus revanchistischen Motiven, und wurden bis heute beibehalten.

Zum Schluss referierte erneut Philipp Schaefer über die Einweihung des Bayerkreuzes am 20. Februar 1933. Mit Fotomaterial und Zeitungs-Schlagzeilen rekonstruierte er den Tag der Einweihung, bei der Carl Duisberg, die treibende Kraft hinter dem Aufbau des Bayerwerks in Leverkusen, eine Ansprache hielt. Die Tageszeitungen der Region kommentierten das Ereignis und setzten dabei eigene Schwerpunkte. Das Quellenmaterial ist mittlerweile durch das Zeitungsportal "Zeitpunkt.NRW" bequem online per Volltextsuche recherchierbar (siehe z.B.: https://zeitpunkt.nrw/ulbbn/periodical/search/855438?query=Bayerkreuz)

Im Anschluss an die 10-15-minütigen Vorträge blieb Zeit für Fragen aus dem Publikum, die auch Anregungen zur weiteren Vertiefung der einzelnen Themenbereiche gaben. Ein besonderer Dank gilt an die Schüler des Landrat-Lucas-Gymnasiums, die als Teil der Schülerfirma "YoungGeneration" die Online-Übertragung via Zoom realisierten. Wir freuen uns schon auf den nächsten Werkstattbericht am 7. Februar 2024. Dann wird es, wieder in der Villa Römer, um die Themenbereiche Kultur und Gesellschaft gehen, u.a. mit einem Kurzvortrag über das Kino in der Zwischenkriegszeit in Leverkusen.