Vor 75 Jahren: Der Stadt-Ratsausschuss Opladen nimmt seine Arbeit auf

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Karlshorst formell. Bereits Mitte April 1945 waren die Amerikaner in eine teilweise zertrümmerte Stadt Opladen eingerückt. Bereits am 9. Mai 1945 berief Bürgermeister Karl Voos in Opladen einen Stadt-Ratsausschuss ein.

Am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Karlshorst formell. Bereits Mitte April 1945 waren die Amerikaner in eine teilweise zertrümmerte Stadt Opladen eingerückt. Der Krieg hatte „in Opladen eine traurige Bilanz hinterlassen", wie im Verwaltungsbericht 45/46 festgehalten wurde. „Ein großer Teil der Bewohner Opladens hatte keine Wohnung mehr; es fehlten die Bedarfsgüter des täglichen Lebens, so dass die Ernährungslage äußerst schlecht war, und die Menschen von Hungerrationen lebten.“ Kurz nach der Einnahme der Städte Leverkusen und Opladen durch amerikanische Truppen wurde in Opladen eine Militärregierung für den Rhein-Wupper-Kreis eingerichtet. In die Städte bzw. Kreise, die vorher eingenommen und von deutschen Soldaten befreit worden waren, zogen die jeweiligen Militärregierungen ein. Die Einrichtung der örtlichen Militärregierung übernahmen, auch in Opladen, speziell ausgebildete Stäbe, die den regulären Truppen folgten. In Opladen wurde die Militärregierung zuerst durch die Amerikaner übernommen, ab dem 15. Juni 1945 durch die Briten.

Wie in anderen Städten und Kreisen wurden auch in Opladen und im Rhein-Wupper-Kreis der Militärregierung genehme Bürger in die Ämter des Bürgermeisters und Landrats eingesetzt, um die Militärregierung zu unterstützen. So wurde Karl Voos am 20. April 1945, nur fünf Tage nach Einmarsch der Amerikaner in Opladen zur amerikanischen Militärbehörde befohlen und zum Bürgermeister der Stadt Opladen bestellt. Diese Einsetzung erfolgte durch den amerikanischen Stadtkommandanten Major Case. Karl Voos stammte aus Bergisch Neukirchen. Hier war er bis 1933 Bürgermeister, wurde jedoch von den Nationalsozialisten abgesetzt und 1934 zwangspensioniert.

Bürgermeister Voos sah als wichtigste Aufgabe, zunächst die Stadtverwaltung in geordnetem Gang zu erhalten, was angesichts der schwierigen Lage der Bevölkerung dringend notwendig war. Um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten, bestellte die Militärregierung zunächst „unter vorläufiger behelfsmäßiger Führung eines seit der vorigen Besatzungszeit in Opladen wohnenden Engländers“ Hilfspolizeikräfte für die fehlende Polizei. Am 29.4.45 wurde dem früheren Opladener Polizeihauptwachtmeister Karl Duisberg die Leitung der Polizei übertragen. Dem früheren Stadtverordneten Andreas Hollinger wies die Militärregierung kurz nach dem Einmarsch ein Arbeitskommando aus Parteifunktionären der NSDAP zu.

Darüber hinaus berief Bürgermeister Voos bereits am 9.Mai, einem Tag, nach der bedingungslosen Kapitulation, einen sogenannten Stadt-Ratsausschuss ein. Dieses Gremium, das von der Militärregierung genehmigt und bestätigt worden war, war „ein Vertretungsorgan zur Mitwirkung bei den Gemeindeverwaltungsarbeiten''. Der Ausschuss bestand aus 8, dann aus 10 Mitgliedern. Dies waren, wie Voos berichtet, Angehörige der verschiedenen Berufsgruppen und früherer Parteien. Mitglieder des Ratsausschusses neben Bürgermeister Voos waren: Heinrich Dickel, Wilhelm Dickerboom, Johann Evertz, Ewald Flamme, Andreas Hollinger, Heinrich Meierdirks, Josef Mühlhaus, Wilhelm Rheinberg, Gustav Weltersbach sowie Karl Schlieper.

Die erste Sitzung des Stadt-Ratsausschusses wurde durch Bürgermeister Voos eröffnet. Die Eröffnung erfolgte mit einer Erklärung zur Einführung und Verpflichtung der Ratsausschuss-Mitglieder, deren Inhalt die Ausschuss-Mitglieder, wie aus dem Originaltext ersichtlich, mit ihrer Unterschrift und durch Handschlag anerkannten. Durch Josef Mühlhaus ließ der Ausschuss seine Bereitschaft, Bürgermeister Voos „diese qroße Bürde .... in gegenseitigem Vertrauen tragen zu helfen“, bekräftigen. Weiter sagte er: "Seien Sie versichert, dass wir jederzeit unsere ganze Kraft einsetzen werden, an den Arbeiten des Wiederaufbaues zum Wohle unserer Vaterstadt und des Volkes mit zu schaffen.“

Die erste Sitzung des Stadt-Ratsausschusses beschäftigte sich mit organisatorischen Fragen, um die Arbeit des Ausschusses zu erleichtern. So wurde beantragt, mehrere Spezialausschüsse zu bilden. Zuerst beantragte Voos, zwei Beigeordnete vorzuschlagen, die in der zweiten Sitzung namhaft gemacht werden sollten. Weiter wurde ein Dreier-Ausschuss gebildet, um den Verwaltungsapparat, das Schulwesen etc. zu überprüfen. Diesem Ausschuss gehörten die Herren Hollinger, Mühlhaus und Weltersbach an. Bei der "Reinigung der Verwaltung von nationalsozialistischem Einfluss" entließ der Dreier-Ausschuss 20% der städtischen Beamten, Angestellten und Arbeiter.

In einem weiteren Tagesordnungspunkt wurde die Benennung der Opladener Straßen zur Zeit des Nationalsozialismus erörtert. Nach der Verlesung der betroffenen Straßen wurde ein Ausschuss gebildet, der Vorschläge zur Umbenennung der Straßen und auch der Schulen machen sollte. Ihm gehörte Herr Rheinberg und Herr Mühlhaus an.

Um die Verwaltung aktionsfähiger zu machen, schlug Bürgermeister Voos vor, die Stadt in 20 Bezirke mit Bezirksvorstehern und je 10 Stadthelfern aufzuteilen. Das Gremium, das diesen Plan erörterte, bestand aus den Herren Flamme, Meierdirks und Schlieper. Außerdem wurden folgende Ausschüsse eingerichtet:

  1. Ausschuss für Wohnungswesen mit Herrn Holthausen, Herrn Flamme und Herrn Mühlhaus,
  2. Wiederaufbauausschuss,
  3. Ausschuss zur Überprüfung der Stadtbücherei.

Es folgte die Wahl von Vertretern für einen Arbeitsausschuss für den Kreis. Gewählt wurden Bürgermeister Voos und Herr Flamme. In den weiteren Tagesordnungspunkten erstattete der Bürgermeister Bericht über die Wasserversorgung Opladens, die zu diesem Zeitpunkt durch die Fa. Schusterinsel durchgeführt wurde. Nach Ablauf von ca. 14 Tagen sollte sich die Stadt dann wieder selbst versorgen können. Ferner nahm der Ausschuss noch einige Suspendierungen von Nationalsozialisten aus städtischem Dienst vor.

An dieser Aufzählung lässt sich erkennen, dass der Ratsausschuss in seiner ersten Sitzung vornehmlich mit dem Aufbau einer geordneten Verwaltung beschäftigt war, um die Grundlage für die Befreiung Opladens aus dem Elend und aus den Trümmern zu schaffen sowie die Stadtverwaltung von nationalsozialistischem Einfluss zu befreien.

Verfolgt man die Sitzungen des Ratsausschusses weiter, lassen sich folgende Themenschwerpunkte feststellen:

  1. Fortsetzung des Verwaltungsaufbaues und der Verwaltungspolitik,
  2. Bewältigung des Nationalsozialismus (Säuberung),
  3. Wiederaufbau,
  4. Linderung der Wohnungsnot und
  5. Versorgung der Bevölkerung.

Er ist erstaunlich zu welchem Zeitpunkt (nur einen Tag nach der bedingungslosen Kapitulation und drei Wochen nach Einmarsch und Besetzung Opladens durch die Amerikaner) und mit welchem Einsatz und mit welchem demokratischen Selbstverständnis sich Bürger Opladens unter der Führung von Bürgermeister Voos unter schwierigsten Bedingungen dem Wiederaufbau des (demokratischen) Gemeinwesens zuwandten.

Ausführlicher wird der Neubeginn in Opladen im Jahr 1945 im Rahmen eines Vortrages im Anschluss an die Jahreshauptversammlung am 3. September 2020 um 20 Uhr in der Villa Römer dargestellt.