Zur Geschichte der Grundschule Im Kirchfeld: Der Lützenkirchener „Schulstreit“ in den 1980er Jahren

Im Jahr 2020 konnte die Lützenkirchener Grundschule Im Kirchfeld auf eine 200-jährige Geschichte zurückblicken. Leider konnte eine Jubiläumsfeier bisher aus bekannten Gründen nicht stattfinden. Dennoch nahm die Lützenkirchenerin Ute Brauer den Jahrestag zum Anlass, über den Lützenkirchener „Schulstreit“ einen Aufsatz für den aktuellen OGV-Kurier 96/2021 zu verfassen. Bei dem folgenden Text handelt es sich um einen Auszug aus ihrem Aufsatz „Die Debatte über die Umwandlung der Katholischen Grundschule Lützenkirchen in eine Gemeinschaftsgrundschule“ (OGV-Kurier 96/2021, S. 201-215).

Im Jahr 2020 konnte die Lützenkirchener Grundschule Im Kirchfeld auf eine 200-jährige Geschichte zurückblicken. Leider konnte eine Jubiläumsfeier bisher aus bekannten Gründen nicht stattfinden. Dennoch nahm die Lützenkirchenerin Ute Brauer den Jahrestag zum Anlass, über den Lützenkirchener „Schulstreit“ einen Aufsatz für den aktuellen OGV-Kurier 96/2021 zu verfassen. Bei dem folgenden Text handelt es sich um einen Auszug aus ihrem Aufsatz „Die Debatte über die Umwandlung der Katholischen Grundschule Lützenkirchen in eine Gemeinschaftsgrundschule“ (OGV-Kurier 96/2021, S. 201-215).

Schon im Januar 1979 schlugen die Wellen hoch. Die Lützenkirchener Grundschule – zu dieser Zeit eine katholische Grundschule in staatlicher Trägerschaft – war restlos überlastet. Ursprünglich war sie dreizügig konzipiert, wurde jedoch schon seit Jahren fünfzügig geführt. Deshalb waren alle dritten Klassen zur Grundschule Steinbüchel-West, welche rückläufige Schülerzahlen aufwies, ausgelagert. Es liegt auf der Hand, dass für diesen Zustand eine Lösung gefunden werden musste.

Da der Anteil der evangelischen Kinder, die meisten aus dem Neubaugebiet „Schöne Aussicht“, nach Auffassung der SPD etwa zwei Züge ausmachte, wollte das Schulverwaltungsamt die Schulbezirksgrenzen so ändern, dass die evangelischen Kinder vornehmlich Steinbüchel zugeordnet wurden. Allein der Gedanke, die evangelischen Schülerinnen und Schüler von den katholischen zu trennen und die Schule zu einer reinen Konfessionsschule zu machen, ließ den Unmut und den Volkszorn hoch kochen. Seit Jahren hatten katholische und evangelische SchülerInnen gut miteinander harmoniert. Katholischer und evangelischer Religionsunterricht liefen stundenplanmäßig parallel. Während die katholischen SchülerInnen zur Schulmesse in die Maurinuskirche gingen, feierten die evangelischen SchülerInnen parallel dazu ihre Gottesdienste im evangelischen Gemeindezentrum.

Während eine Lösung des Schulraumnotstands in weiter Ferne lag, sorgte bei den betroffenen Eltern und bei der Lützenkirchener Bevölkerung ein vom Schuldezernenten Dr. Joachim Türke (SPD) veranlasstes Schreiben für Empörung. In diesem Schreiben hob Türke hervor, dass die Eltern nach einem neuen Erlass des Regierungspräsidenten in Köln keinen Rechtsanspruch mehr auf die Erteilung von evangelischem Religionsunterricht in einer katholischen Grundschule hätten. Der Rektor der katholischen Grundschule, Günter Pappert, wurde damit betraut, die Eltern über diesen Erlass in Kenntnis zu setzen. Innerhalb weniger Tage sollten die Eltern – nach dem Willen des Schuldezernenten – ausdrücklich schriftlich erklären, dass sie mit der Erziehung ihres Kindes nach den Grundsätzen des katholischen Glaubens einverstanden seien.

In die negativen Schlagzeilen geriet die Schule dann wieder Anfang 1984, als an die Wand des Toilettenpavillons mit riesigen Buchstaben, für alle weit sichtbar, Evangelische raus gesprüht worden war. Diese Diffamierung vergiftete die ohnehin schon angespannte und gereizte Atmosphäre vollends.

Bei der Schulanmeldung am 8. Februar 1984 spitzte sich die Lage weiter zu. Rektor Günter Pappert hatte vom Schulamt die Weisung, evangelische Kinder nur dann aufzunehmen, wenn die Eltern, und zwar beide Elternteile, die Verzichtserklärung unterschrieben. Die evangelischen Eltern und die Kirchengemeinde hatten jedoch mobilisiert. Eine Elterninitiative des evangelischen Kindergartens hatte einen Antrag formuliert, mit dem sie erreichen wollten, dass ihre Kinder doch Im Kirchfeld aufgenommen würden. 28 solcher Anträge waren von betroffenen Müttern und Vätern am Morgen des Anmeldetages im evangelischen Gemeindehaus unterschrieben worden. Daraufhin marschierten die Eltern mit ihren Kindern bei widrigen Wetterverhältnissen geschlossen zur Schule, um ihre Kinder dort anzumelden. Rektor Pappert kam zu dem Kompromiss, die Kinder zu registrieren und den Eltern die Verzichtserklärung mit nach Hause zu geben.

Die evangelischen Eltern waren zwischenzeitlich jedoch auch auf anderer Ebene aktiv gewesen. Am 1. Februar hatten 64 von 344 Eltern bereits fristgerecht den Antrag zur Umwandlung der Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule gestellt. Rechtliche Bedingung für eine Umwandlung war, dass zwei Drittel der Eltern, deren Kinder die Schule besuchten, damit einverstanden waren. Dafür sollten von Seiten der evangelischen Eltern auch die katholischen Eltern eingenommen werden. Mitte März sollte es dann zur Abstimmung kommen, so dass die Schule ab dem 1. August als Gemeinschaftsgrundschule geführt werden würde.

Bis zur geheimen Abstimmung fand ein „Wahlkampf“ der unterschiedlichen Lager statt, der leider nicht frei war von Diffamierungen und gegenseitigen Vorwürfen. Am 22. März 1984 fiel dann die Entscheidung. 300 Eltern gaben ihre Stimme ab. 241 Eltern votierten für die Umwandlung, 58 dagegen, 1 Elternpaar enthielt sich (bzw. ungültig), und 44 gingen nicht zur Wahlurne.

Ausschlaggebend für dieses Wahlergebnis war, dass sich von Seiten der Parteien die CDU sehr zurückhaltend zeigte. Sie nahm eher eine liberale Position ein, die für eine Kompromissbereitschaft von allen Seiten plädierte. Die CDU versprach sich wahrscheinlich auch keinen Erfolg, da die NRW-Landesregierung, der Regierungsbezirk und der Leverkusener Stadtrat von der SPD dominiert wurden und die SPD-Mehrheitsverhältnisse zu Ungunsten der CDU sprachen. Vielleicht fürchtete die Partei auch, Wählerstimmen von Nicht-Katholiken zu verlieren.

In die gleiche Richtung zielte auch die Haltung des Generalvikariats. Das Erzbistum Köln hatte kein Interesse daran, die Auseinandersetzung hochzuspielen. Wahrscheinlich war eine Bekenntnisschule in staatlicher Trägerschaft auch weniger wichtig, da das Erzbistum in den 1970er Jahren mit der Landesregierung um die eigenen Schulen in kirchlicher Trägerschaft zu kämpfen hatte, die von starken finanziellen Einschnitten und Kürzungen bedroht waren.

Mit der Umwandlung der Katholischen Grundschule in eine Gemeinschaftsgrundschule war die ursprüngliche Notsituation, die Raumnot bei wachsender Schülerzahl, aber nicht beseitigt. Deshalb stellte die CDU-Fraktion im Juni 1985 den Antrag auf zwei zusätzliche Montageklassen und die Erweiterung des Lehrerzimmers, der von CDU, FDP und den Grünen gegen den Willen der SPD in der Bezirksvertretung beschlossen wurde. Der Stadtrat, in dem sich mit dem Einzug der Grünen andere Mehrheitsverhältnisse konstituiert hatten, musste jedoch noch über die Bewilligung der nötigen Gelder entscheiden. Da sich für das Schuljahr 1985/86 jedoch 101 SchülerInnen angemeldet hatten, die in vier Klassen unterrichtet werden sollten und somit ein Klassenraum fehlte, wurde in einem Dringlichkeitsbeschluss Anfang Juli 1985 die Aufstellung von zwei Montageklassen und die Erweiterung des Lehrerzimmers bewilligt.